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Unsere Welt neu denken

Titel: Unsere Welt neu denken
Untertitel: Eine Einladung
Autor: Maja Göpel
Verlag: Ullstein
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 355020079X
ISBN-13: 978-3550200793
Format/Größe: Gebundene Ausgabe
Seiten: 208
Erschienen/Auflage: 2020
Preis: 17,99

Das anrollende Klimachaos, die zunehmenden Konflikte zwischen Arm und Reich und die Polarisierung unserer Gesellschaften zeigen deutlich: Weitermachen wie bisher ist keine Option. Das Wohlstandsmodell des Westens fordert seinen Preis. Die Wissenschaft bestätigt, dass wir um ein grundsätzliches Umdenken nicht herumkommen.

Das Buch veranschaulicht, welche Denkbarrieren wir aus dem Weg räumen sollten, um künftig klüger mit natürlichen Ressourcen, menschlicher Arbeitskraft und den Mechanismen des Marktes umzugehen - jenseits von Verbotsregimen und Wachstumswahn.

Verlagstext zum Buch

 

Prof. Dr. M. Göpel arbeitet versiert nachhaltigkeitsökonomisch und verbindet Wissenschaft, Politik und Gesellschaft in diesem Büchlein in sehr gut lesbarer Sprache.

Rezension von Ulrich M. Sorg, Mitglied Verein für Nachhaltigkeit e. V.

 

Dieses Buch ist kein Klimabuch,“ stellt Maja Göpel gleich zu Anfang ihres Buches klar, das sie übrigens schon „vor Corona“ veröffentlicht hat. Ihre Thesen passen trotzdem perfekt in die Zeit. Denn die derzeitige Krise bricht Routinen und wirft die Frage auf, wie wir unsere Welt „nach Corona“ gestalten wollen. Die Professorin und Bestseller-Autorin verhandelt natürlich auch die großen ökologischen Themen wie den Klimawandel, aber eben mit dem Blick der Ökonomin und Transformationsforscherin. Und: Sie will nicht nur eh schon Öko-Bewegte, sondern auch Entscheider in Unternehmen, Kommunen und Regierungen ins Boot holen. Deshalb hört man vielleicht nochmal genauer hin.

Dass die Welt an einem Kipp-Punkt steht und nicht alles bleiben kann, wie es ist, sieht Göpel als gesetzt: Umweltzerstörung, begrenzte Ressourcen, „immer weniger Planet für immer mehr Menschen“… Die Lösungen dafür müsse man groß denken. Sie fordert nichts weniger als einen Paradigmen-Wechsel: einen gesellschaftlichen Wandel und den radikalen Umbau unserer Lebens- und Wirtschaftsweise.

„Dazu müssen wir aber auch ein paar heilige Kühe der Wachstumserzählung schlachten und andere Wege gehen“, konstatiert die Autorin. Denn mit technischem Fortschritt allein würden den Raubbau an der Natur nicht kompensieren können. In ihrem Buch analysiert sie wissenschaftlich und argumentiert systemisch, bleibt in der Sprache aber immer verständlich und liefert eher wenige, aber aussagekräftige Zahlen sowie viele Beispiele aus der Praxis.

Alte Wirtschaftstheorien hält Göpel heute nur noch für bedingt tauglich, deshalb fordert sie nachzudenken über ein komplett neues System. Ein System, das auch die Frage nach sozialer und globaler Gerechtigkeit stellt, besonders, wenn es um die Verteilung von Gütern der menschlichen Grundversorgung geht: Nahrung, Trinkwasser, Wohnraum, Energie, Gesundheit und Bildung. Soziale Gerechtigkeit, so Göpels Credo, sei der Schlüssel für eine nachhaltige Wirtschaftsweise, wenn sie global funktionieren soll.

Was also konkret tun? Wieder zu einer sich selbst erneuernden Kreislaufwirtschaft kommen. Weg von dem gigantischen Förderband, das wir in den vergangenen Jahrzehnten weltweit installiert haben: eines, das vorne Rohstoffe und Energie auflädt, unterwegs Güter produziert, die dann verbraucht werden, und hintenraus Geld ausspuckt bzw. Müll ablädt, der am Ende niemandem mehr nutzt.

Die Ökonomin fordert auch: Preise für Produkte und Dienstleistungen endlich so zu kalkulieren, dass darin nicht nur die wie bisher verstandene „Wertschöpfung“, sondern auch die realen Kosten für genutzte Ressourcen und verursachte Umweltzerstörung eingerechnet sind. Letzteres nennt Göpel dann die „Schadschöpfung“. Mit dem CO2-Preis sei bereits ein Anfang gemacht, aber in der Konsequenz müsse man auch in Firmenbilanzen und nationalen Sozialprodukten den Fortschritt im ökologischen und sozialen Bereich sichtbar machen.

Schließlich – und das ist nach Meinung der Forscherin eine der größten Herausforderungen - sollten wir künftig nicht mehr „alles und jedes nur in Geld umrechnen“. Also weg von der „Finanzialisierung“ des Lebens und unserer menschlichen Beziehungen. Nur ein Umbau des Finanzmarkts könne verhindern, dass Gewinne immer wieder privatisiert und Verluste immer nur sozialisiert würden: „Die Vermehrung von Geld muss wieder expliziter mit der Schöpfung von Wert verbunden sein und die Abschöpfung von unverdientem Einkommen reduziert werden“, ruft sie all den Börsenspekulanten, Immobilienhaien und IT-Milliardären zu, die ihr Vermögen nicht sinnvoll reinvestieren, sondern lediglich konsumieren.

Angenommen also, der Mensch sei grundsätzlich egoistisch und profitgeil veranlagt, wer soll dann dafür sorgen, dass nicht immer nur die Reichen und Mächtigen mehr abkriegen vom großen Kuchen? Sondern, dass alle die gleichen Chancen haben auf die weltweit knapper werdenden Güter? Das zu koordinieren, sagt die Autorin, könne kein Konzern der Welt leisten und schon gar nicht der immer wieder gern bemühte ominöse „Markt“. Sondern: ein starker Staat mit eindeutigen Gesetzen für eine nachhaltige Wirtschaftsweise, die für alle gelten. Dabei müsse man ja nicht nur verbieten, sondern könne auch Vieles ermöglichen. Den Ausgleich zwischen einzelnen Staaten schaffen könnte eine Art Welt-CO2-Rat wie ihn die Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom einmal vorgeschlagen habe: ein „Earth Atmospheric Trust“, in den die reichen Länder mit überzogenem CO2-Budget einzahlen, damit arme Länder ihre fossilen Ressourcen im Boden und ihre Urwälder stehen lassen.

Alles sei Teil eines Ganzen und hänge zusammen, so macht Göpel Werbung für ihre ganzheitliche Perspektive auf die Welt. Sie ist nun mal eine leidenschaftliche Streiterin und Forscherin, die zwischen Disziplinen vermitteln und Brückenbauerin sein will: zwischen Politikern, Ökonomen und Umweltschützern. Alles nur Utopie? Nein, meint sie. Nicht, wenn wir uns mitverantwortlich fühlten für das, was auf der „anderen“ Seite der Welt passiere. Und wenn uns klar sei, dass „Zukunft“ immer das Ergebnis unserer Entscheidungen sei.

Damit bleibt die Ökonomin am Ende Optimistin - „trotz Drama“. Maja Göpel macht uns mit ihrer Schrift Mut, die Herausforderungen anzupacken und sich nicht nur vor Wahltagen politisch zu engagieren. Wir statt Ich. Solidarität statt Egoismus. Kooperation statt Schuldzuweisung. Wer auf Verständigung und Kooperation setze, könne „noch viele weitere Menschen in Schwingung bringen“, daran glaubt die Bestseller-Autorin ganz fest: „Konzentrieren Sie sich auf das, was in Ihrer Macht liegt. Bleiben Sie freundlich und geduldig, aber bleiben Sie dran!“

 Rezension von Sonja Wagenbrenner, Mitglied Verein für Nachhaltigkeit e. V.